Interviews

Auf ein Wort mit Christine Lichtenberg

Foto Christine Lichtenberg, Alt im Rundfunkchor Berlin

Die Altistin Christine Lichtenberg ist seit 2004 Mitglied im Rundfunkchor Berlin und auch als Solistin sehr gefragt. Im Interview erzählt sie von ihrer Rolle im Programm der kommenden RundfunkchorLounge und ihrer Leidenschaft für Kammermusik.

Die RundfunkchorLounge geht nun bereits in die dritte Saison. Was schätzt du besonders an diesem Format?

Es ist unterhaltsam, abwechslungsreich und je nachdem, welche Gesprächspartner eingeladen sind, bedient es auch ungewöhnliche Aspekte und Facetten des jeweiligen Themas. Und ich glaube, dass die Lounge auch ein jüngeres und sehr gemischtes Publikum anspricht.  An den Ort musste ich mich zunächst gewöhnen. Man muss sich davon freimachen, dass es einmal ein Krematorium war. Die Kuppelhalle und den gesamten Ort als Kulturquartier, so wie er jetzt gestaltet ist, finde ich sehr gelungen, die Akustik ist gut und es gibt ein sehr nettes Café mit gutem Kaffee.

Die nächste RundfunkchorLounge hat das Berlin der 20er Jahre, die Zeit zwischen den Weltkriegen, zum Thema. Da wirst du auch solistisch zu erleben sein.

Als ich von dem Thema hörte, musste ich sofort an die Lieder von Kurt Weill denken und habe das vorgeschlagen. Einige seiner unbekannteren Lieder begleiten mich, seit ich Studentin bin, und ich finde, die Lounge ist ein tolles Format gerade für solche Musik. Ich singe drei Lieder mit Philip Mayers am Klavier: »Berlin im Licht-Song«, »Der Abschiedsbrief« und ein französisches aus Weills Pariser Exil-Zeit. Und dann singe ich noch ein Lied von Sofia Gubaidulina für Altstimme und Kontrabass, das Gijs Leenaars vorgeschlagen hat. Sie hat ein Gedicht von Else Lasker-Schüler vertont, das »Der Engel« heißt. Damit ist Carl Sonnenschein gemeint, der eine bekannte Figur im Berlin der 20er-Jahre war, ein sozial und karitativ engagierter katholischer Priester und Großstadtseelsorger.

Welche Bedeutung hat Kammermusik für dich?

Ich habe immer gern Liederabende gegeben, auch weil ich gern Programme konzipiere. Leider habe ich im Moment nicht mehr so viel Zeit dazu. Ich trete natürlich auch gern und relativ häufig im Ensemble triunúri zusammen mit meinen Kollegen Judith Simonis und Jörg Schneider auf, aber da machen wir ganz andere Dinge, das geht beinahe in Richtung Weltmusik. Aktuell haben wir ein Programm mit Liebesliedern im Repertoire, zum Teil mit Eigenkompositionen von Jörg.

Ist das ein wichtiger Gegenpol zum Singen im Chor?

Es ist eine Ergänzung, würde ich sagen. Auch die Chorarbeit ist sehr abwechslungsreich, wir gehen quer durch die Epochen und Stilrichtungen, singen mal mit großem Orchester, mal a cappella, mal neue, mal alte Musik. Aber ich möchte das solistische Singen nicht missen, da kann ich mich noch von einer anderen Seite einbringen und zeigen als im Chor. Und es wirkt wiederum auf meine Arbeit im Chor zurück.

Ist es für dich ein Unterschied, ob du im Chorkontext oder anderswo als Solistin auftrittst?

Bei einem Liederabend oder einem triunúri-Konzert trete ich quasi privat auf, das ist etwas anderes, als wenn ich für einen Moment solistisch aus dem Chor heraustrete. Und es macht einen Unterschied, ob ich ein Weihnachtsoratorium als Solistin in einer Berliner Kirche singe, oder ob ich in der Philharmonie solo singe –und seien es auch nur fünf Takte –,und vorn steht Simon Rattle. Ich mache das natürlich freiwillig, aber je näher solch ein Termin rückt, auch jetzt die Lounge, desto mehr wächst die Aufregung. Natürlich ist die RundfunkchorLounge ein tolles Podium und die Kollegen sind nett und wohlwollend, aber sie hören doch mit besonderen Kennerohren zu. Trotzdem suche ich gern diese Herausforderung, vor allem wenn ich denke, ich habe etwas zum Ausdruck zu bringen. Und ich möchte, dass am Ende die Freude am Singen über die Angst vor der Aufregung siegt.

Ist das Singen im Rundfunkchor Berlin ein Traumberuf?

Es ist ein toller Beruf! Eben wegen der enormen Abwechslung, wegen des Musizierens auf ganz hohem Niveau, wenn wir mit Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem DSO oder dem RSB und meistens großartigen Dirigenten Musik machen dürfen. Und was ich besonders liebe, sind die Reisen. Ich habe auch Romanistik studiert. Ich spreche Französisch und Spanisch, singe gern in fremden Sprachen und reise gern. Und wenn man sich überlegt, wo wir überall hinkommen, zuletzt Australien, Hongkong, Taiwan, Südamerika – das geht dann schon in Richtung Traumberuf.

Welche Musik hörst du privat?

Ganz bunt durcheinander. Wenn ich allerdings klassische Musik höre, dann so gut wie keine Vokalmusik. Gerne eine Brahms-Sinfonie oder Mendelssohn oder Schubert, aber auch Jordi Savall und diese Art Richtung Weltmusik. Ich höre gern Rockmusik, früher hab ich auch Heavy Metal gehört. Und wenn ich im Haushalt zu tun habe, läuft bei mir gern auch einmal den ganzen Tag über Radio Eins.

Und was sollte man in dieser Saison beim Rundfunkchor Berlin auf keinen Fall verpassen?

Ich freue mich generell auf jede Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern, etwas ganz Besonderes wird sicher wieder die Johannes-Passion mit Simon Rattle und Peter Sellars. Aber auch mit dem DSO und RSB haben wir interessante Projekte im Spielplan. Und als nächstes natürlich die Lounge, auf die ich jetzt mit freudiger Aufregung hinarbeite.

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